Soziale Selektion beim Ehegattennachzug funktioniert

"Der Ehegattennachzug bleibt auch mehr als zweieinhalb Jahre nach Einführung obligatorischer Sprachnachweise im Ausland auf niedrigem Niveau. Dafür macht die Bundesregierung die Betroffenen verantwortlich und verhöhnt sie auch noch. Nicht anders ist die Bemerkung der Bundesregierung zu verstehen, wonach diejenigen, die die Deutsch-Prüfung im Ausland nicht bestanden haben, sich eben ,oftmals auf die Prüfung nicht vorbereitet haben‘. Das ist eine Unverschämtheit und der Versuch, über die gezielt eingeführten diskriminierenden Regelungen zum Ehegattennachzug hinweg zu täuschen und die bestehenden Probleme auf die Betroffenen abzuwälzen", erklärt Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE angesichts der aktuellen Antwort der Bundesregierung auf ihre regelmäßigen Anfragen zum Ehegattennachzug. Sevim Dagdelen weiter:

Selbst die offenkundige Tatsache, dass viele Betroffene keinen Zugang zu einem Sprachkurs eines Goethe-Instituts im Ausland haben oder sich diesen schlicht nicht leisten können, wird von der Bundesregierung geleugnet. ‚Die Art des Erwerbs der Sprachkenntnisse ist den Prüfungsteilnehmern freigestellt‘, heißt es lapidar. Damit werden die erheblichen Schwierigkeiten, die deutsche Sprache im Ausland zu erwerben, und damit verbundende Trennungszeiten der Eheleute, verharmlost. Denn um Sprachkurse besuchen zu können, müssen die Betroffenen oftmals in weiter entfernte Städte reisen, sie müssen sich dort eine Unterkunft nehmen und können in der Zeit des Spracherwerbs nicht erwerbstätig sein. Für die Bundesregierung zumutbar. Vermutlich hält es die Bundesregierung auch für zumutbar, unter Brücken schlafen zu müssen, wenn das Geld für Übernachtungsmöglichkeiten nicht ausreicht. Wenig überraschend! Denn das Ziel der Neuregelung ist die soziale Selektion beim Ehegattennachzug und der Ausschluss bildungsferner und sozial ausgegrenzter Menschen.

Die Bundesregierung täuscht überdies die Öffentlichkeit. Eine nach Angaben der Bundesregierung bereits im Jahr 2009 fertig gestellte Evaluierung der Auswirkungen der Neuregelung der Sprachnachweise beim Ehegattennachzug wird nicht veröffentlicht. Dabei handelt es sich nicht um eine unabhängige Evaluierung, sondern um eine interne Bewertung. Vermutlich passen der Bundesregierung die Fakten aber nicht ins politische Konzept. Denn selbst im Rahmen einer vom Ministerium veranlassten Evaluierung dürfte die Notwendigkeit zumindest einer Härtefallregelung für Ausnahmefälle offenkundig geworden sein. Eine solche Härtefallregelung als Minimallösung wird aber von CDU/CSU abgelehnt.

DIE LINKE fordert eine sofortige Rücknahme der diskriminierenden Beschränkungen des Ehegattennachzugs und wird hierzu in Kürze einen entsprechenden Antrag ins Parlament einbringen."