Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen! Gehört die Zukunft den Schwarzmalern?

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Das neue Jahrzehnt beginnt mit Krisenstimmung und guten Wünschen. Wir hoffen immer noch auf "mehr für alle": mehr Wohlstand, mehr Frieden, mehr soziale Sicherheit. Wenn möglich für die ganze Welt, auf jeden Fall für uns! Aber die Zukunft macht skeptisch, wem traut man die richtigen Lösungen zu?

Wissenschaftler gehen davon aus, dass Klimawandel und die gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen der nächsten zehn Jahre unser Leben mehr verändern werden als das letzte Jahrhundert. Es wird schwieriger für die Wohlhabenden auf dieser Welt. Nicht einmal ein "weiter so" wird uns versprochen.

Von Helmut Schmidt stammt der Satz "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen" – aber wo sind die Köpfe mit den Antworten auf die Fragen von morgen? Ist ein bloßes Reparieren unserer verkrusteten Gesellschaftsbilder ausreichend?

Wie müssen wir uns verändern ohne unsere Lebensqualität zu verlieren? Was steht uns bevor, wenn die Skeptiker Recht behalten? Über Ideen und Visionen, wie wir trotz Umwelt- und Wirtschaftskrise zufrieden leben können, diskutiert Dieter Moor mit

Meinhard Miegel

Der Sozialwissenschaftler ist Mitbegründer des "Denkwerk Zukunft". Optimisten sind für ihn Menschen, die die Wirklichkeit verkennen. Miegel sieht sich als Warner, denn "die Zeit hat gegen uns gearbeitet, unsere Ansprüche sind die einer dekadenten Gesellschaft". Er kritisiert die Politik des permanenten Wirtschaftswachstums und fordert ein radikales Umsteuern. "Allein mit immer mehr Geld können die gesellschaftlichen Probleme nicht gelöst werden."

Manfred Lütz

Der Psychiater, katholische Theologe und Schriftsteller beschäftigt sich in seinen Bestsellern humorvoll und satirisch mit "Diät-Sadismus, Gesundheitswahn und Fitness-Irrsinn". Seine These: "Wir tun so als könnten wir den Tod verhindern und vergessen dabei, zu leben."
In seinem neuesten Buch: "Irre- Wir behandeln die Falschen" beleuchtet er die Welt der psychisch Kranken und stellt fest, dass die sogenannten Normalen behandelt werden sollten. Manfred Lütz macht die Humanität einer Gesellschaft daran fest, wie sie die Schwachen einbezieht.

Patricia Taterra

Die Betriebswirtin will mit ihrem Engagement und ihren Ideen "die Welt ein klein wenig besser" machen. Sie arbeitete für Netzwerke wie "WeAreWhatWeDo" und "utopia.de" und gründete vor kurzem den ökologisch-alternativen Babyladen "Hug&Grow" in Berlin. Die Umweltaktivistin schaut optimistisch in die Zukunft, denn "wir sind, was wir tun – und noch viel mehr Menschen als wir denken, wollen etwas verändern. Sie wissen nur nicht, wo sie ganz konkret anfangen können.

Amir Kassaei

ist Kreativ-Geschäftsführer der Werbeagentur DDB. Der 40jährige Iraner mit österreichischem Pass sieht die Zukunft optimistisch. Er hat im Iran-Irak-Krieg gekämpft, gelangte als 15jähriger über Umwege nach Wien und hat sich aus eigener Kraft hoch gearbeitet. "Du musst an die Grenzen, wenn Du weiter kommen willst", ist seine Überzeugung und provoziert die Werbebranche mit seinen Ideen.
Er plädiert für ein neues Konsumdenken, kritisiert verlogene Werbung und glaubt an eine neue Machtverteilung zwischen den Kulturen. Sein eigener Lebensweg soll auch anderen Mut machen. "Wenn dieser geistesgestörte Asylant es hingekriegt hat, dann schaffe ich es auch."

Sevim Dagdelen

ist Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE und deren Sprecherin für Internationale Beziehungen. Sie wurde als Kind türkischer Einwanderer in Duisburg geboren und engagiert sich schon seit ihrer Schulzeit für ihre politischen Ziele. Sie ist überzeugt, der Kapitalismus ist nicht alternativlos, denn gerade die Krise habe die Schwächen des Kapitalismus gezeigt. "Menschen brauchen nicht nur Visionen, sondern auch Veränderung", sagt sie, und "wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zu kämpfen."