UNIFIL-Einsatz: Scheitern als Prinzip
Debatte zum Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der „United Nations Interim Force in Lebanon" (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) vom 11. August 2006 und nachfolgender Verlängerungsresolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, zuletzt Resolution 2172 (2014) vom 26. August 2014
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung feiert sich für den Einsatz der Bundesmarine im Rahmen der UNIFIL-Mission vor der Küste des Libanon.
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Sie „feiert sich" wohl kaum!)
Mit 150 Bundeswehrsoldaten und einer verstärkten Ausbildung der Marine des Libanon soll der Waffenschmuggel in den Libanon unterbunden werden.
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Haben wir unterbunden!)
– Ja. – In den zehn Jahren wurden dann auch keine Waffen gefunden.
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Sehen Sie!)
Aber fragen Sie sich nicht manchmal, ob die Bundeswehr hier nur Teil eines absurden Theaters ist? Denn ihre Kontrollen kann sie ja nur auf Anforderung der Libanesen unternehmen. Fragen Sie sich nicht manchmal, ob dies der Grund ist, warum außer ein paar Zigaretten nie etwas gefunden wurde? – Aber lassen wir solche störenden Gedanken beiseite und nehmen wir einmal an, die Bundeswehr ist so erfolgreich – wie Sie es ja immer sagen –, dass sich keiner mehr traut, Waffen zu schmuggeln. Im Libanon müssten in der Folge auch immer weniger Waffen in den Händen der Konfliktparteien zu finden sein. Aber das trifft leider nicht zu; denn während die Bundeswehr die Vordertür des Libanon bewacht, steht die Hintertür an der Grenze zu Syrien sperrangelweit offen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Sollen wir da auch hin?)
War Ziel der Mission, den Waffenschmuggel an die Hisbollah zu unterbinden, so darf sie getrost als gescheitert gelten.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Hisbollah gilt mittlerweile als eine der am besten bewaffneten Kräfte in der Region. Wer hier dann noch von einem Erfolg des Einsatzes fabuliert, muss sich doch wirklich fragen lassen, ob er nicht nach dem Motto vorgeht: Dabei sein ist alles, das Ergebnis nichts.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Und selbiges gilt für die islamistischen Terrormilizen im Libanon; denn diese sind mittlerweile auch bis an die Zähne bewaffnet und warten laut eigener Aussage nur auf grünes Licht aus Saudi-Arabien, um endlich loszuschlagen.
Muss es Ihnen nicht auch zu denken geben, dass, während die Bundesmarine vor der Küste des Libanon dümpelt, Ihr eigener NATO-Verbündeter Türkei mit seinem autoritären Staatspräsidenten Erdogan verdeckt Waffen an islamistische Terroristen liefert, die natürlich auch in den Libanon gelangen? Wenn Sie den Waffenschmuggel unterbinden wollen: Warum schweigen Sie dann eigentlich zu den Waffenlieferungen der türkischen Regierung mithilfe des türkischen Geheimdienstes an die islamistischen Verbände?
(Beifall bei der LINKEN)
Ich finde, es ist Zeit, dass Sie in diesem Punkt Ihr Schweigen brechen und endlich Antworten geben oder wenigstens begründen, warum dieses Schweigen so lange dauert.
Statt immer mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr zu fordern, die im Übrigen von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden, müssen wir nach unserer Auffassung zivil helfen. Wir müssen zum einen syrische Flüchtlinge aus dem Libanon übernehmen. Ein Viertel der Bevölkerung des Libanon sind mittlerweile Flüchtlinge. Was dagegen die Bundesregierung hier bisher veranstaltet hat, ist eigentlich nur beschämend,
(Beifall bei der LINKEN)
wenn man sich nur einmal diese Kontraste vor Augen führt. Der Libanon braucht zudem zivile Hilfe, auch damit nicht noch mehr Menschen mit saudischem Geld für die Terrorgruppen der al-Qaida vor Ort eingekauft werden können.
Deshalb meine Bitte: Hören Sie endlich auf, die Bevölkerung hinters Licht zu führen! Wer die Vordertür bewacht und sich auch noch dafür feiert, während die Waffen durch die Hintertür hereingetragen werden, macht sich im besten Falle lächerlich, meine Damen und Herren. Dieser Auslandseinsatz der Bundeswehr simuliert Handeln, folgt aber geopolitischen Motiven. Denn das Vorhaben, Waffenschmuggel zu unterbinden, ist komplett gescheitert. Die Kräfte vor Ort sind stärker denn je. Deshalb sagen wir: Wir lehnen diesen Einsatz ab.
(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Mensch! Das ist ja mal eine richtige Überraschung!)