Unvereinbarkeit der Bestimmungen zur Aufenthaltserlaubnis nur nach erfolgreich abgeschlossenem Integrationskurs gemäß § 8 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes mit dem EWG-Türkei-Assoziationsrecht
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus auch von mehreren Sachverständigen bei der Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 15. April 2013 zum Thema EWG-Türkei-Assoziationsrecht geäußerten Auffassung, dass die Mitte 2011 vorgenommene Verschärfung des § 8 Absatz 3 Satz 6 des Aufenthaltsgesetzes (einjährige Aufenthaltserlaubnis nur nach erfolgreich abgeschlossenem Integrationskurs) mit dem Verschlechterungsverbot nach Artikel 13 ARB 1/ 80 unvereinbar und damit auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nicht anwendbar ist, zumal mit häufigeren Aufenthaltsverlängerungen auch deutlich höhere Gebührenbelastungen verbunden sind, die nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2013 (1 C 12.12) jetzt schon assoziationsrechtswidrig sind, und weil es um bereits ordnungsgemäß in Deutschland lebende Personen mit Arbeitsmarktbezug geht, so dass die Voraussetzungen für eine Anwendung des Verschlechterungsverbots auch nach Rechtsauffassung der Bundesregierung gegeben sind (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/12071, zu Frage 23, bitte ausführlich begründen)?
Antwort des Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche vom 6. Mai 2013
§ 8 Absatz 3 Satz 6 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ist Teil des seit 2005 gesetzlich geschaffenen Integrationspaketes, welches den hier lebenden Migranten einen umfassenden Anspruch auf Integrationsleistungen mit dem Ziel der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gewährleistet. Die Maßnahmen erfordern im Sinne des Prinzips des „Förderns und Forderns“ auch ein Mitwirken der anspruchsberechtigten Migranten, in dessen Kontext die Ermessensvorschrift des § 8 Absatz 3 Satz 6 AufenthG einzuordnen ist.
Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, dass § 8 Absatz 3 Satz 6 AufenthG einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot des Artikels 13 des Beschlusses 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei (ARB 1/80) darstellt. Ein solcher Verstoß kann nur vorliegen, wenn durch die Regelung der Zugang zum Arbeitsmarkt beeinträchtigt wird. Durch eine Regelung, wonach die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei Nichterfüllung bestimmter Integrationsanforderungen auf höchstens ein Jahr befristet wird, werden aber weder türkische Arbeitnehmer noch ihre Familienangehörigen daran gehindert oder davon abgehalten, von ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch zu machen.
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Gerichte § 8 Absatz 3 Satz 6 AufenthG für unvereinbar mit dem Verschlechterungsverbot des Artikels 13 ARB 1/80 gehalten hätten. Die Bundesregierung wird die Entwicklung der Rechtsprechung genau beobachten.