Vereinbarkeit der angestrebten Verfassungsänderung in der Türkei mit den Grundprinzipien der EU

Inwieweit sieht die Bundesregierung in der vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan angestrebten Verfassungsänderung in der Türkei durch das Referendum am 16. April 2017 einen Widerspruch zu den von der EU-Kommission formulierten Grundprinzipien und Hauptzielen, mit denen eine modernisierte Zollunion im Einklang stehen sollte und zu denen laut Verhandlungsrichtlinie unter anderem die „Wahrung der gemeinsamen Werte Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten so- wie Rechtsstaatlichkeit“ zählt (Plenarprotokoll 18/217, Frage 37), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der nach Überzeugung der Venedig-Kommission des Europarates festgestellten Gefahr für die Grundlagen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beispielsweise durch die übermäßige Konzentration von Befugnissen in einem Amt mit ernsthaften Auswirkungen auf die notwendige Gewaltenteilung und auf die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei im Zuge des gescheiterten Putschversuchs (AFP vom 14. März 2017) für die Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zur Ausweitung der bilateralen präferenziellen Handelsbeziehungen und zur Modernisierung der Zollunion?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Uwe Beckmeyer vom 28. März 2017

Die Europäische Kommission hat die „Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei über ein Abkommen zur Ausweitung der bilateralen präferenziellen Handelsbeziehungen und zur Modernisierung der Zollunion“ am 23. Dezember 2016 vorgelegt. Als Anhang zur Beschlussempfehlung wurden Verhandlungsrichtlinien vorgelegt. Darin heißt es u. a. wörtlich bei den allgemeinen Grundsätzen und Zielen:

„Die modernisierte Zollunion sollte mit den folgenden Grundprinzipien und Hauptzielen im Einklang stehen: Wahrung der gemeinsamen Werte Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit.“

Hinsichtlich der Einschätzung der vorgeschlagenen Änderungen der türkischen Verfassung, über die am 16. April 2017 per Referendum entschieden werden soll, misst die Bundesregierung dem Gutachten der Venedig-Kommission hohe Bedeutung bei. Die Hohe Vertreterin der EU und Vizepräsidentin der Kommission Federica Mogherini und Nachbarschafts- und Erweiterungskommissar Johannes Hahn haben in einer gemeinsamen Erklärung am 13. März 2017 angekündigt, dass die vorgeschlagenen Änderungen im Falle ihrer Annahme beim Referendum am 16. April 2017 und insbesondere deren praktische Umsetzung im Lichte der Verpflichtungen der Türkei als EU-Beitrittskandidat und als Mitglied des Europarates beurteilt werden.

Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, dieser gemeinsamen Bewertung im Kreise der Europäischen Union mit Blick auf Einzelaspekte der EU-Türkei-Beziehungen vorzugreifen.

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