Mündliche Frage PlPr 17/18: Verhinderung der Weitergabe von Aufklärungsdaten an die USA und deren Verbündete für die Operation Enduring Freedom durch das geänderte Mandat der ATALANTA-Mission
Wie will die Bundesregierung verhindern, dass mit dem neuen Beschluss des Rates zur Änderung des Mandats der Atalanta-Mission vom 8. Dezember 2009 (Beschluss 2009/907/GASP des Rates), der explizit die Verbindung und Zusammenarbeit mit der im Rahmen der Operation „Dauerhafte Freiheit" agierenden Seestreitkraft Combined Task Force 150 vorsieht, über die Zusammenarbeit auch etwa Aufklärungsdaten an die USA und deren Verbündete, einschließlich der jemenitischen Streitkräfte, weitergegeben werden, die im Jemen mehrfach und in Zukunft absehbar verstärkt gezielte Tötungen durch bemannte und unbemannte Luftangriffe vornehmen?
Antwort des Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE) (Frage 19):
Frau Kollegin, der neue Ratsbeschluss zur EUNAVFOR-Operation Atalanta sieht vor, die Koordination der vor der Küste Somalias in unterschiedlichen Operationen bezüglich der Pirateriebekämpfung auf See eingesetzten Einheiten weiter zu verbessern; er ist wichtig und gut. Weder im Rahmen der Operation „Dauerhafte Freiheit" – häufig wird der englische Begriff „Enduring Freedom" verwendet – noch bei der EU-Mission Atalanta haben die dort eingesetzten deutschen Einheiten die Aufgabe, Informationen über terroristische Netzwerke innerhalb des Jemen zu erfassen. Das Operationsgebiet ist auf die Seegebiete am Horn von Afrika begrenzt und schließt damit den Jemen nicht ein.
Die Weitergabe von Informationen durch die Bundeswehr an Freunde und Partner ist durch Weisungen eindeutig geregelt. Die Weitergabe von Verschlusssachen durch die Bundeswehr an den Jemen kann grundsätzlich – ungeachtet der Tatsache, dass es in diesem Zusammenhang gar nicht geschieht – nicht erfolgen, weil es die dafür notwendige Vereinbarung, ein sogenanntes Geheimschutzabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Jemen, nicht gibt.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Frau Kollegin, haben Sie eine Nachfrage? – Bitte.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, die Frage war ja eigentlich, wie sie das verhindern will. Dass das in dem Mandat normalerweise nicht enthalten ist, ist mir klar.
Ich möchte gerne zu meiner Nachfrage kommen: Trifft es zu, dass der deutsche Beitrag zur Operation Enduring Freedom – „Dauerhafte Freiheit" – und zu Atalanta unter anderem in der Bereitstellung eines Seefernaufklärers P3-C Orion liegt, der mit modernster Technologie für die weiträumige Aufklärung auch über Land ausgerüstet ist, und dass dabei, wie es durch verschiedene Berichte auf der Homepage der Bundeswehr nahegelegt wird, ein und dasselbe Flugzeug im selben Einsatzraum unter beiden Mandaten im Einsatz ist?
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung:
Die Bundeswehr beteiligt sich in der Tat im Rahmen der Operation „Dauerhafte Freiheit", und sie hat für die entsprechenden Zeiträume – nach meiner Kenntnis beginnt das in diesem Jahr im März – ein Seefernaufklärungsflugzeug P3-C Orion in Dschibuti stationiert. Dieses Aufklärungsflugzeug wird für die Erfüllung der Aufgaben der Task Force 150 innerhalb der Operation Enduring Freedom – „Dauerhafte Freiheit" – genutzt. Das bezieht sich ausschließlich auf das Seegebiet, ein Gebiet, in dem auch die Pirateriebekämpfung stattfindet.
Man muss dazu wissen, dass die P3-C Orion ein Flugzeug ist, das im Gegensatz zu den AWACS keinen Radius von Hunderten von Kilometern abdecken kann, um irgendwo hineinzuschauen, sondern sehr präzise Bilder von einem relativ begrenzten Bereich des Seegebiets liefert. Das ist sinnvoll und notwendig, insbesondere, um festzustellen, ob beispielsweise Waffenschmuggel über See stattfindet, und um im Rahmen der Pirateriebekämpfung zu ermitteln, wie die Skiffs besetzt sind und ob die Piraten bewaffnet sind.
Aus meiner farbigen Darstellung erkennen Sie, dass ich selbst in der P3-C Orion solches schon betrachtet und beobachtet habe. Ich kann ausschließen, dass die P3-C Orion über jemenitischem Staatsgebiet –
– (Sevim Dagdelen [DIE LINKE]: Das war nicht meine Frage!)
– Das war nicht die Frage?
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Frau Kollegin, der Herr Staatssekretär antwortet noch.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Okay. – Es ging darum, ob es unter beiden Mandaten eingesetzt wird.
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung:
Ich kann ausschließen, dass der Seefernaufklärer im Rahmen der Operation „Dauerhafte Freiheit" Nachrichten übermittelt und dass eine solche Nachrichtenübermittlung an jemenitische Behörden stattfindet. Entsprechende Informationen fallen auch nicht an, weil es aufgrund der Technik keine großflächigen Zufallsbeobachtungen gibt. Das ist also sichergestellt.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Sie haben die Möglichkeit, noch eine weitere Zusatzfrage zu stellen. – Bitte.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):
Frau Präsidentin, ich darf feststellen, dass die Frage nicht klar und deutlich beantwortet worden ist.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist der Meister des Unbestimmten! – Ute Kumpf [SPD]: Genau: Der Meister des Schwammigen!)
Ich möchte meine zweite Nachfrage dazu nutzen, die Bundesregierung zu fragen: Sieht sich die Bundesregierung aufgrund dieser Zusammenarbeit und vor dem Hintergrund, dass General David Petraeus in einem Interview mit al-Arabiya angab, dass zumindest die USMarine im Golf von Aden auch damit beauftragt sei, Waffenlieferungen an die Huthi-Bewegung zu unterbinden, als Konfliktpartei in der innerjemenitischen Auseinandersetzung?
Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung:
Frau Kollegin Dagdelen, ich bin gerne bereit, Ihre Frage zu beantworten und auch Ihre Rüge hinzunehmen, dass Ihnen meine Antwort nicht ausreichend erscheint.
Sie gehen davon aus, dass die Task Force 150, die Sie in Ihrer Frage genannt haben, Informationen sammelt, die dem entsprechen, was Sie nach Ihren Schilderungen erwarten. Das ist im Auftrag der Operation „Dauerhafte Freiheit" für die Task Force 150 nicht der Fall.
Über die Fähigkeiten von Schiffen und Überwachungsgeräten, die von anderen Ländern beigestellt werden, kann ich nichts im Detail sagen. Das Einzige, was ich konkret angeben kann, ist das, was die P3-C Orion kann. Das kann ich für uns und für unsere Vereinbarungen sagen, die wir im Rahmen von OEF getroffen haben und an die wir uns halten.
Was andere Länder gegebenenfalls bilateral machen, ist eine Angelegenheit dieser Länder, über die ich weder seriös berichten kann noch will, weil das über meinen Informationsstand hinausgeht. Allein bei der Pirateriebekämpfung befinden sich nach meiner Information gegenwärtig über 20 Länder zum Teil in nationalen Operationen in dem Gebiet, in dem sowohl die Task Force 150 als auch Atalanta tätig sind. Deswegen kann ich das nicht ausschließen. Aber ich meine, es gehört nicht zur Berichtspflicht der Bundesregierung, weil es uns auch an eigenen Informationen mangelt.