Versagen der deutschen und europäischen Aussenpolitik im Kongo

Die Regierungskoalition CDU/CSU und FDP hat uns gemeinsam mit den Fraktionen der SPD und Bündnis90/Die Grünen ein Protokoll des Grauens und der Verbrechen in der Demokratischen Republik Kongo vorgelegt. Es ist zugleich auch ein Protokoll des Versagens der internationalen Gemeinschaft und der bisherigen deutschen Außenpolitik.

Ein Versagen Ihrer Politik, meine Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, die de facto auch die Fortführung der rot-grünen Politik in diesem rohstoffreichen afrikanischen Land ist.

Wer nach den Ursachen der Konflikte im Kongo sucht, wird sie in diesem interfraktionellen Antrag nicht finden. Systematische Einschüchterungen und Morddrohungen durch die kongolesische Polizei und das Militär gehören zur Tagesordnung. Das Europäische Parlament hat am 22. September 2010 in einem gemeinsamen Entschließungsantrag festgestellt, dass es sich hier um einen eindeutigen Trend handelt und dass „viele nichtstaatliche Organisationen im vergangenen Jahr eine zunehmende Unterdrückung von Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Oppositionsführern, Opfern und Zeugen in der Demokratischen Republik Kongo einschließlich Tötungen, rechtswidriger Verhaftungen, Verfolgungen, Drohanrufen und wiederholten Vorladens bei den Geheimdienststellen beobachtet haben".

Sowohl dem Rat der Europäischen Union (EU) als auch der Bundesregierung ist bekannt, dass die allermeisten Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo auf die Polizei und das Militär zurückgehen, die seit Jahren von Deutschland und der EU ausgerüstet und ausgebildet werden. Im Rahmen der Mission EUPOL Kinshasa wurden für 10 Mio. Euro so genannte „Integrierte Polizeieinheiten" in der Hauptstadt aufgebaut. Diese Einheiten wurden aufgerüstet um demokratische Versammlungen niederzuschlagen.

Gemäß einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion wurden diese Einheiten im Rahmen der EUPOL-Mission mit „Schutzschildern, Helmen, Schlagstöcken und Tränengas sowie Maschinenpistolen der Marke UZI" ausgestattet. Demokratie und Rechtstaatlichkeit sehen anders aus meine Damen und Herren. DIE LINKE lehnt es ab solche Regime mit Repressionsapparaten zu unterstützen!

Mit dem skandalösen Urteil vom 23. Juni hat die kongolesische Justiz, wegen der Auftragsmorde an den kongolesischen Menschenrechtsaktivisten Floribert Chebeya und Fidèle Bazana, bewiesen, dass die Täter weitgehende Immunität besitzen. Trotz dieser erdrückenden Faktenlage, verweigern Sie von der Regierungskoalition zusammen mit SPD und Grünen eine Evaluierung dieser Missionen.

Angesichts des Elends Ihrer bisherigen Afrika-Politik werden uns nur alte Antworten auf aktuelle Fragen präsentiert: mehr Aufrüstung und Ausbildung der kongolesischen Polizei. Ihre Verantwortung für zahlreiche Verbrechen und die Unterdrückung demokratischer Bestrebungen ist erwiesen. Als hätten Sie diesem Zustand durch Ihre Auslands-Missionen nicht aktiv bei geholfen, fordern sie noch die finanzielle und personelle Aufstockung der EUSEC- und EUPOL-Missionen bzw. der MONUC/MONUSCO und sehnen sich nach noch mehr Waffen und Hubschraubern, die in das Land gebracht werden sollen. DIE LINKE fordert hier eine radikale Umkehr. Sie müssen aufhören, meine Damen und Herren aus der Koalition, der SPD und der Grünen, die Ausrüstungs-, Ausstattungs- und Ausbildungshilfe für autoritäre Regime wie im Kongo fortzuführen.

In Bezug auf die Aufarbeitung der verübten Verbrechen halten sie weiter an einem Rechtsverständnis fest, dass unter internationaler Strafgerichtsbarkeit nur die exklusive Verfolgung von Feinden des Westens versteht. Sie entdecken nun sogar das deutsche Völkerstrafgesetzbuch, welches Sie sich, wenn es um die Verfolgung von Verbrechen geht, die durch Ihre kongolesischen Partner, die NATO oder Bundeswehr verübt werden, nur ungern erinnern wollen.

Als Autorinnen und Autoren dieses Antrages wissen Sie genau, dass die Präsenz der Vereinten Nationen nicht erst 2006 und die der EU und einzelner europäischer Staaten erst mit ihrem militärischen Eingreifen 2003 begonnen hat.

Vielmehr stehen die in dem Antrag detailiert geschilderten Verbrechen in der Kontinuität des Bestrebens, Kongo als ein Gehege zur Handelsjagd zum Zwecke der Sicherung von Bodenschätzen und geostrategischen Interessen unter der Kontrolle des Westens beizubehalten. In ihrer Darstellung nehmen die Menschen vor Ort nur eine Statistenrolle ein. Die von Ihnen geschilderten Verbrechen spielen für Sie nur insofern eine Rolle, als dass sie Zeugnis über das Versagen ihrer bisherigen langjährigen Polizei- und Militär Ausbildungsmissionen ablegen.

Offensichtlich kann die Wahrheit angesichts der massiven Verbrechen nicht mehr unterdrückt werden. Diese Sorge scheint das einzige Motiv dieses Antrages zu sein. In Wirklichkeit versank nämlich in jedem Stadium der von Außen als Stabilisierungs-Missionen verkauften Interventionen das Land in einem blutigen Bürgerkrieg. Diese militärische Präsenz der UN und EU hat zur Befriedung des Landes nicht beigetragen, sondern seine Eskalation und Verlängerung durch die Unterstützung einer biegsamen Kriegspartei vorangetrieben. Aufgrund der völligen Verkennung Ihrer Mitverantwortung für die gegenwärtige Lage und ein Festhalten an Maßnahmen, welche die Eskalation des Bürgerkrieges intensivieren, lehnt die Linksfraktion diesen Antrag ab.

DIE LINKE beteiligt sich nicht an der polizeilichen und militärischen Unterstützung von Despoten.