Visafreiheit für türkische Staatsbürger bei Besuchs- oder touristischen Aufenthalten

Inwieweit trifft es zu, dass der Bundesgrenzschutz bis zur Einführung der Visumpflicht für türkische Staatsangehörige in der Praxis Besucher/-innen und Touristen einreisen ließ, während lediglich Personen zurückgewiesen wurden, bei denen die Absicht eines Daueraufenthalts bzw. einer Erwerbstätigkeit erkennbar wurden, und inwieweit folgt (spätestens) nach der Toprak-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hieraus, dass türkische Staatsangehörige zumindest als Besucher/-innen und Touristen bereits deshalb von der Visumpflicht befreit sind, weil eine strengere Praxis gegen das Verschlechterungsverbot aus Artikel 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) verstoßen würde (bitte begründen; vgl. www.migrationsrecht.net/nachrichtenauslaenderrecht-europa-und-eu/1741-tuerkeirueckuebernahmeabkommen-standstillrechtsanwalt-zeran.html)?

Antwort des Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche vom 8. März 2011:

Die Stillhalteverpflichtung des Artikels 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) erstreckt sich nur auf solche Rechtsverschärfungen, die neue Hindernisse für die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bedeuten (so auch die in der Frage in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Toprak", vgl. dort u. a. Rn. 54). Die Einreise türkischer Staatsangehöriger zu touristischen Zwecken oder zu Besuchszwecken wird von der Stillhalteverpflichtung des Artikels 13 ARB 1/80 folglich nicht erfasst.

Was die in dem zitierten Internetbeitrag angesprochene Frage anbelangt, ob die die Dienstleistungsfreiheit betreffende Stillhalteklausel des Artikels 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen EWG/Türkei auch für die passive Dienstleistungsfreiheit gilt, wird auf die Antworten der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksachen 16/12743 vom 23. April 2009 und 16/14028 vom 10. September 2009 verwiesen. Die Toprak-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs äußert sich zu dieser Frage nicht. Die Bundesregierung sieht daher keine Veranlassung, ihre bisherige Rechtsauffassung zu revidieren.