Völkerrechtliche Bewertung der britischen Besetzung des Chagos-Archipels
Hat die Bundesregierung eine völkerrechtliche Bewertung der anhaltenden britischen Besetzung des Chagos-Archipels vorgenommen, die der Internationale Seegerichtshofs am 25. Januar 2021 in Bestätigung eines Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom Februar 2019 als völkerrechtswidrig einstufte (www.swp-berlin.org/publikation/eineheikle-mission-die-fregatte-bayern-zeigt-flagge-imindopazifik), vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung ihre Enthaltung bei der Abstimmung in der UN-Generalversammlung, bei der eine große Mehrheit von 116 Staaten für
eine Rückgabe der Inseln an Mauritius votierte und den Rückzug der „kolonialen Verwaltung“ forderte, nicht als rechtliche Bewertung verstanden wissen wollte (https://press.un.org/en/2017/ga11924.doc.htm) und der ledigliche Verweis auf eine Kenntnisnahme des Urteils des Internationalen Seegerichtshofs (vergleiche Antworten der Bundesregierung zu Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 19/32526 und zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 19/31147) nach meiner Auffassung keine völkerrechtliche Bewertung darstellt, wenn ja, ist die Bundesregierung zu dem Ergebnis gekommen, dass die anhaltende Besetzung des Chagos-Archipels einen Bruch des Völkerrechts darstellt, wenn Letzteres bejaht wird, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus vor dem Hintergrund, dass laut einem aktuellen Bericht von Human Rights Watch (HRW) „die anhaltende Zwangsumsiedlung der Chagossianer, die Verhinderung ihrer dauerhaften Rückkehr in ihr Heimatland und ihre Verfolgung aus rassischen und ethnischen Gründen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen“ (www.hrw.org/report/2023/02/15/thats-when-nightmare-started/uk-and-usforced-displacement-chagossians-and), und, wenn Letzteres verneint wird, warum (bitte begründen)?
Antwort der Staatsministerin Katja Keul auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Die Bundesregierung hat die in der Fragestellung zitierten Entscheidungen internationaler Gerichte zur Kenntnis genommen. Die in der Fragestellung zitierte Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage 19/30085 der Fraktion der AfD gilt fort (Bundestagsdrucksache 19/31147). Die Bundesregierung fordert weiterhin eine einvernehmliche Lösung der beteiligten Parteien zur Frage der Souveränität über die Chagos-Inseln.