Völkerrechtliche Bewertung der türkischen Militäroffensive im Norden Syriens
Hat die Bundesregierung nach bald fünf Jahren eine rechtliche Bewertung vorgenommen, ob sich das NATO-Mitglied Türkei bei der am 20. Januar 2018 unter dem Codenamen „Operation Olivenzweig“ gestarteten Militäroffensive im Norden Syriens um die Stadt Afrin auf das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffs i. S. d. Artikels 51 der VN-Charta gegenüber dem Staat Syrien berufen kann (siehe Bundestagsdrucksache 19/1492), und wenn nein, warum nicht (bitte begründen), und wenn ja, ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser einen Bruch des Völkerrechts darstellt bzw. als ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg zu werten ist, und wenn letzteres bejaht wird, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus vor dem Hintergrund der jüngsten Angriffe der türkischen Luftwaffe auf Ziele im Norden Syriens in Vorbereitung auf eine Bodenoffensive des NATO-Mitglieds im Nachbarland, und wenn letzteres verneint wird, warum (bitte begründen)?
Antwort des Staatssekretärs Andreas Michaelis vom 3. Januar 2023
Die Bundesregierung verfügt weiterhin nicht über das zur abschließenden völkerrechtlichen Einordnung des türkischen Vorgehens in der nordsyrischen Region Afrin nötige Lagebild.
Die Bundesregierung hat sich wiederholt kritisch zur fortgesetzten türkischen Präsenz in Nordsyrien geäußert und die Türkei aufgefordert, das humanitäre Völkerrecht, insbesondere die Verpflichtungen zum Schutz der Zivilbevölkerung, zu achten und ihre Militärpräsenz in Nordsyrien so rasch wie möglich zu beenden.
Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung vom 30. November 2022 auf die Schriftliche Frage 47 auf Bundestagsdrucksache 20/4776, S. 35 verwiesen.