Von Anfang an bei Ostermärschen dabei
Wattenscheid. Vor 50 Jahren fand in der Bundesrepublik der erste Ostermarsch statt. Hannes Bienert (82), Gründer der Antifaschistischen Bewegung (Antifa) in Wattenscheid und Gründungsmitglied des Ostermarsch-Komitees ist bis heute mitmarschiert.
Ist der Ostermarsch inzwischen nicht aus der Mode gekommen?
Bienert: Nein, er ist nach wie vor auf Augenhöhe mit der Zeit. Die Bewegung ist gewachsen und hat immer wieder neuen Zuspruch erfahren. Waren anfangs die, die den Krieg miterlebt hatten, federführend aktiv, so folgten nach und nach jüngere Generationen, denen der Erhalt des fragilen Friedens ein Herzensanliegen war. Da waren viele junge Väter und Mütter, die mit Kind und Kegel zu uns stießen.
Die Themen der Ostermärsche orientieren sich an dem jeweiligen Zeitgeist. Was war Ihrer Meinung nach die stärkste Botschaft, mit der man Massen ansprechen und mobilisieren konnte.
Das war der Vietnam-Krieg und danach, Ende der siebziger Jahre, der Nato-Doppelbeschluss, der unter der Regierung von Helmut Schmidt verabschiedet worden ist. Nicht nur Linke wie ich sind damals dagegen auf die Straße gegangen, sondern auch Jugendverbände der Parteien und die Kirchen. Niemand wollte eine atomare Aufrüstung, weder im Westen noch im Osten.
Nun sind die Linken, zu denen sie sich ja bekennen, inzwischen parlamentarisch etabliert. Haben Sie als Cheforganisator der Ostermarsch-Veranstaltung in Wattenscheid deshalb die Bundesabgeordnete der Linken, Sevim Dagdelen, als Rednerin verpflichtet?
Ja, weil sie nach meiner Meinung wesentliche Forderungen der Friedensbewegung und antfaschistische Positionen vertritt. Dagdelen verkörpert meine persönliche Grundeinstellung: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus.
Wie lange will denn der Hannes noch mitmarschieren?
Solange der Mensch eine Aufgabe vor sich sieht, die er erledigen muss, wird er nicht müde, seine ganze Kraft, die er noch zur Verfügung hat, einzusetzen. Und ich will weiterhin alles tun, damit die jüngeren Generationen nicht das erleben, was mir widerfahren ist.
Das zentrale Thema, das sie diesmal zur Debatte stellen, heißt: Raus aus Afghanistan. Glauben Sie, damit viele Menschen ansprechen und mobilisieren zu können?
Der Afghanistan-Krieg bewegt jeden. Dieser Konflikt, anfangs nur umstritten, erfährt inzwischen eine kritische Diskussion in breiten Teilen der Bevölkerung, nicht nur in der Friedensbewegung. Auch in Berlin mehren sich die Stimmen, die den Rückzug unserer Soldaten fordern.
Die Friedenskirche ist seit einigen Jahren Wattenscheider Treffpunkt für die Teilnehmer des Ostermarsches im Ruhrgebiet. Ist dieser Veranstaltungsort bewusst gewählt?
Von Anfang an haben wie seitens der evangelischen Kirche in Wattenscheid starke Unterstützung erfahren. Die hiesigen Pfarrer stellten sich zum Teil an die Spitze unserer Bewegung. Ich erinnere mich an Jahre, wo tausende Menschen hier vor Ort verpflegt werden mussten. Das Ludwig-Steil-Haus diente den Gästen, die aus dem Ausland zu uns gekommen waren, als Übernachtungsstätte, und die zentrale Kundgebung fand lange Zeit auf dem Gertrudisplatz statt. Kirche und Ostermarsch in Wattenscheid, das ist nicht voreinander zu trennen.
Wieviel Zeit Ihres Lebens haben sie in die Organisation und Durchführung der Ostermärsche investiert?
Da müssen Sie mal meine Frau fragen, mit der ich kürzlich Silberhochzeit gefeiert habe. Doch die Goldene Hochzeit mit dem Ostermarsch wird sie akzeptieren.
Quelle: http://www.derwesten.de/staedte/wattenscheid/Von-Anfang-an-bei-Ostermaerschen-dabei-id2771715.html