Weniger Ehen mit Türken

München – Nach Deutschland kommen immer weniger ausländische Ehepartner. Laut Auswärtigem Amt ist die Zahl der Ehegatten aus visapflichtigen Ländern wie der Türkei, Russland oder Thailand zwischen den Jahren 2005 und 2008 um ein Viertel auf etwa 31 000 zurückgegangen. Dies geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken im Bundestag hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Besonders stark fällt der Rückgang aus bei der größten Gruppe, den Türken: hier hat sich die Zahl von 12 300 Partnern im Jahr 2005 auf 6900 im vergangenen Jahr fast halbiert. Zu dieser Gruppe zählen die sogenannten Import-Bräute, also türkische Frauen, die von Türkischstämmigen in Deutschland geheiratet werden . Der Zuzug von Ehepartnern und deren Kindern ist seit Jahren die häufigste Art der dauerhaften Einwanderung nach Deutschland. Hintergrund der Entwicklung sind neue Zuzugsregeln, die seit Sommer 2007 gelten. Demnach müssen ausländische Ehepartner vor dem Umzug grundlegende Deutschkenntnisse nachweisen, sie müssen mindestens 18 Jahre alt sein, und ihr Lebensunterhalt in Deutschland muss ohne Sozialhilfe gesichert sein.
Die Bundesregierung hatte dies mit einer besseren Integration der Einwanderer begründet. Zudem sollten Zwangsheiraten verhindert werden. Die Initiatorin der Anfrage, die Abgeordnete Sevim Dagdelen (Linke), kritisierte die Regeln als verfassungswidrig. Sie hätten „extrem belastende Auswirkungen" auf Ehepartner, ein Erfolg gegen die Zwangsheiraten sei nicht nachweisbar. Das Gesetz schließe arme und wenig gebildete Menschen dauerhaft von einem Zuzug nach Deutschland aus. Die Bundesregierung hält den Rückgang der Zahlen dagegen für „vorübergehend". So benötigten ältere Ehepartner oder solche mit niedrigem Bildungsstand länger, um Deutsch zu lernen. Zum Bestehen des Sprachtests muss der Kandidat etwa 600 deutsche Wörter beherrschen, etwa 40 Prozent der Prüflinge bestehen den Test derzeit nicht.
Die deutsch-türkische Soziologin Necla Kelek verteidigte die Regeln. „Die Bundesregierung tut endlich etwas dafür, dass die Menschen eine Chance auf Integration haben", sagte Kelek. Das Mindestalter und die Sprachtests garantierten eine gewisse Reife der Frauen, die nach Deutschland verheiratet würden. Deshalb helfe die Regelung gegen Zwangsheiraten und arrangierte Ehen, die unter Türkischstämmigen immer noch weit verbreitet seien, sagte Kelek.
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), sagte, es gebe bei der Umsetzung des Gesetzes noch Probleme, etwa bei den Angeboten von Sprachkursen im Ausland. Er sei sich nicht sicher, ob das Gesetz verfassungsgemäß sei, sagte Edathy. Der Innenausschuss des Bundestags werde im Frühling eine Zwischenbilanz ziehen, um mögliche Korrekturen einzuleiten.