Mündliche Frage PlPr 17/33: Widerspruch zwischen den Ermittlungen gegen das Bündnis "Duisburg stellt sich quer" / "Marxloh stellt sich quer" und der erwünschten Zivilcourage gegen Rechtsextremismus
Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Rechtsextremismus und Rassismus, die laut Sächsische Zeitung vom 4. März 2010 seit Oktober 1990 in Deutschland 149 Menschen das Leben kosteten (www.sz-online.de), die Hauptgefahr für jedwede Demokratie sind, und steht nach Auffassung der Bundesregierung die Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Rechtsextremismus und Rassismus wie im Rahmen der Proteste gegen den geplanten Aufmarsch von NPD und Pro NRW Ende März 2010 in Duisburg in Form der Ermittlungen gegen Aktivisten des Bündnisses „Duisburg stellt sich quer" und „Marxloh stellt sich quer!" wegen Aufrufen zur zivilgesellschaftlichen Gegenwehr wie friedlichen Blockaden nicht im Widerspruch zur von allen demokratischen Parteien geforderten Zivilcourage der Bürger gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus?
Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 71):
Nach Auffassung der Bundesregierung stellt jede Form von politischem Extremismus und Rassismus per defintionem eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung dar. Entsprechend der Formulierung in der Koalitionsvereinbarung tritt sie daher Extremismen jeder Art, seien es Links- oder Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Islamismus, entschlossen entgegen. Dabei misst die Bundesregierung zivilgesellschaftlichem Engagement, das sich seinerseits an der Werteordnung unserer Verfassung orientiert, insbesondere die Spielregeln einer demokratischen Gesellschaft im Umgang mit anderen politischen Meinungen achtet, große Bedeutung zu.
Ich bitte aber um Verständnis, dass die Bundesregierung schon mangels Zuständigkeit zu Maßnahmen der Polizeien der Länder sowie zu laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahren grundsätzlich keine Stellung nimmt.
Stellung nehmen möchte ich jedoch zu der im Fragetext genannten Zahl der Todesopfer rechter Gewalt, zumal der Bund für die bundesweiten Zahlen der politisch motivierten Kriminalität zuständig ist. Vorweg: Jeder Mensch, der infolge einer rechtsextremistischen Tat Schaden an Leib oder gar Leben erlitten hat, ist ein Opfer zu viel.
Wie Sie der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zu „Rechtsextreme Tötungsdelikte seit 1990 und antisemitisch motivierte Schändungen jüdischer Friedhöfe seit 2000" in der Bundestagsdrucksache 16/14122 vom 7. Oktober 2009 entnehmen konnten, sind für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 2008 dem Bundeskriminalamt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) von den Ländern 46 Todesopfer politisch rechts motivierter Gewalt gemeldet worden. Leider ist für das Jahr 2009 noch ein weiteres Todesopfer hinzugekommen, sodass seit 1990 das Bundeskriminalamt 47 Todesopfer infolge rechter Gewalt registriert hat. Die Gründe für von den polizeilichen Zahlen abweichende Angaben anderer Stellen sind ebenfalls in der bereits genannten Drucksache erläutert worden.