Zweiter Tabubruch der Bundesregierung

Persönliche Erklärung nach §31 der Geschäftsordnung zur Abstimmung im Deutschen Bundestag am 01. September 2014 über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin „Humanitäre Hilfe für Flüchtlinge im Irak und Kampf gegen die Terrororganisation IS"

Die heutige Entscheidung Waffen in ein Kriegsgebiet zu liefern ist, nach der Unterstützung einer Regierung in der Ukraine, an der Faschisten beteiligt sind, der zweite Tabubruch dieser Bundesregierung binnen kurzer Zeit. Die Bundesregierung hat damit eine imperialistische Wende in der Rüstungsexportpolitik vollzogen. Wie die USA, Großbritannien oder Frankreich will sie die Entscheidung über Rüstungslieferungen allein von geostrategischen Interessen abhängig machen. Wie bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr, dienen auch hier die von ihr vorgebrachten Argumente des Humanismus für die Rüstungslieferung in den Irak alleine zur Rechtfertigung einer deutschen Einflussnahme mittels Waffenlieferung im Nahen Osten. Dass die Bundesregierung kein wirkliches Interesse daran hat die internationale Mörderband „Islamischen Staat" (IS) zu bekämpfen, lässt sich an der fortgesetzten militärischen Kooperation mit seinen Unterstützern und Sponsoren, wie der Türkei, Katar und Saudi-Arabien ablesen. Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die vielen verfolgten Jesiden die Flucht mit ermöglicht hat, wird weiter in Deutschland und der EU als Terrororganisation verfolgt. Der IS dagegen, und dies ist der Gipfel der Heuchelei der Bundesregierung, ist nicht einmal eine verbotene Organisation in Deutschland!

Mit der heutigen Entscheidung bricht die Bundesregierung das Tabu einer Lieferung in Kriegsgebiete, das auch nach der Wiederbewaffnung 1955 die deutsche Politik sich als Selbstbeschränkung auferlegt hatte. Eine der Lehren deutscher Politik wird damit ausgerechnet am Antikriegstag, dem 75. Jahrestages des Beginn des 2. Weltkriegs über Bord geworfen. Deutschland ist bereits jetzt der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Mit dieser Entscheidung wird der Boden für eine Ausweitung weltweiter deutscher Waffenlieferungen gelegt. Auch deshalb stimme ich gegen den Antrag von Union und SPD Waffen in den Irak zu liefern.

Ich stimme heute auch gegen alle Versuche eine neue US-Intervention im Irak unter dem Deckmantel der Einrichtung einer UN-Schutzzone oder anderer militärischer Maßnahmen, die vom Sicherheitsrat mandatiert werden sollen, zu legitimieren. Der Nahe Osten braucht keine neue US-Intervention – auch keine mit UN-Mandat. Der IS ist das Produkt der Regime Change-Politik der USA im Nahen Osten, die in Nibelungentreue von der Bundesregierung mitgetragen wird. Ein erneutes militärisches Eingreifen der USA ist Teil des Problems.

Statt auf Waffenlieferungen und UN-Militärinterventionen zu setzen, brauchen wir eine klare zivile aber entschiedene Antwort auf den IS und die Schärfung einer friedlichen Außenpolitik:

  1. Ein Ende der militärischen Kooperation mit den Unterstützern der IS, Türkei, Saudi-Arabien und Katar; zudem muss dem AKP-Regime verdeutlicht werden, dass eine Unterstützung des IS mit einer Fortführung der EU-Beitrittsverhandlungen unvereinbar ist;
  2. Humanitäre Hilfe auch in Gebiete, die nicht von IS kontrolliert werden;
  3. Eine Aufkündigung des deutsch-emiratischen Treuhandfonds, der de facto den IS weiter stärkt;
  4. Ein Ende der Sanktionen gegen die syrische Bevölkerung, die den IS weiter stärken;
  5. Ein Ende der Blockade der von der PKK gehaltenen Gebiete im Norden Syriens;
  6. Eine Anerkennung der PKK als politische Organisation und ihre Streichung von der EU-Terrorliste;
  7. Ein Verbot des IS in Deutschland und Maßnahmen, die die Finanzströme des IS treffen;
  8. Die verstärkte Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak und Visaerteilungen für nachzugsberechtigte Familienangehörige nach Deutschland an allen Auslandsvertretungen der Region zu ermöglichen und zu beschleunigen;
  9. Ein generelles Rüstungsexportverbot, damit deutsche Waffen nicht weiter weltweit mit morden;

Ein Ende der deutschen Ausbildungs- und Ausstattungshilfe durch die weltweit Bürgerkriege angeheizt werden.