Schluss mit dem Säbelrasseln der USA gegen den Iran

Plenarrede von MdB Sevim Dagdelen anlässlich der auf Verlangen der Fraktion Die Linke aufgerufenen Aktuellen Stunde „Iran-Atomabkommen verteidigen – Kriegsgefahr abwenden“ am Mittwoch, 15. Mai 2019.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Maas, es schien, als hätten Sie hier ein altes Redemanuskript vorgetragen, weil die aktuelle Zuspitzung, gerade im Persischen Golf, wo die Kriegsgefahr minütlich wächst, in Ihrer Rede überhaupt nicht vorkam. Seit Tagen dauert der militärische Aufmarsch der USA an. Heute überschlagen sich die Eilmeldungen. Die USA haben ihr Botschaftspersonal aus dem Irak abgezogen. Die Bundesregierung setzt die Ausbildungsmission der Bundeswehr im Irak hastig aus, sagt aber gegenüber Öffentlichkeit und Parlament nicht, warum. Was weiß die Bundesregierung über die Pläne der USA?

(Zuruf von der FDP: Nichts!)

Das wollen wir von Ihnen wissen, Herr Maas.

(Beifall bei der LINKEN)

Vonseiten der Trump-Administration sind öffentlich immer mehr direkte Drohungen zu vernehmen, im Iran militärisch einzugreifen. „Bomb Iran“ fordert der US-Sicherheitsberater John Bolton schon seit Jahren. Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders warnte dazu heute Nacht – ich zitiere -: John Bolton will uns in einen Krieg gegen den Iran lügen, wie er es bereits im Fall des Irak getan hat und wie sie es im Fall Vietnam getan haben. – Ich sage Ihnen: Auch wir in Deutschland und Europa wollen nicht in einen Krieg gelogen oder getrieben werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Hierbei ist es wichtig, dass man Klartext spricht. Bereits die Androhung von Gewalt durch die USA ist ein eklatanter Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 4 der UN-Charta und stellt einen Bruch des Völkerrechts dar. Wieso verurteilt die Bundesregierung diese US-amerikanischen Kriegsdrohungen nicht als das, was sie sind, nämlich als einen Bruch des Völkerrechts?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, es ist ein Armutszeugnis ohnegleichen, dass die Bundesregierung der Torpedierung des Iran-Atomabkommens durch die USA nichts Substanzielles entgegensetzt hat. Sie erwarten immer noch, dass sich Iran an das Atomabkommen hält. Ja, aber wir halten uns doch selber nicht daran. Das Iran-Geschäft ist doch zu über 50 Prozent zurückgegangen. Deutsche Unternehmen werden durch die US-amerikanischen Sanktionen unter Druck gesetzt und ziehen sich raus aus dem Geschäft. Deshalb ist hier Aufwachen das Gebot der Stunde und nicht so zu tun, als wenn wir hier die Situation von vor einem Jahr hätten.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Worum geht es den USA? Geht es in der Region um Demokratie und Menschenrechte oder um Regime-Change, um einen durch eine Militärintervention unterstützten Putsch, um die Ressourcen des Landes unter Kontrolle zu bringen und den Iran als einen geopolitischen Widersacher des eigenen Verbündeten, nämlich der Kopf-ab-Diktatur Saudi-Arabien, auszuschalten?

Ein Blick in die Geschichte der amerikanisch-iranischen Beziehungen zeigt, dass es zumindest in der Vergangenheit kein einziges Bemühen der USA um demokratische Verhältnisse im Iran gab. 1953 unterstützte die CIA den Putsch gegen den demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Mossadegh, weil er sich erdreistet hatte, die Ölreserven des Irans zu verstaatlichen und damit dem Zugriff westlicher Konzerne zu entziehen. In der Folge unterstütze Washington jahrzehntelang die blutige Diktatur des Schahs.

Vor diesem Hintergrund muss man sich natürlich auch einmal die andere Bilanz einer Regime-Change-Politik anschauen. 2003 wurde der Irak überfallen und Saddam Hussein gestürzt. Die Folge war die Zerstörung der ganzen Region und der Aufstieg der islamistischen Banden wie al-Qaida oder IS. Der Regime-Change wurde damals durch einen Wirtschaftskrieg vorbereitet. Auf die Frage, ob es noch vor dem Krieg notwendig war, durch Boykott von Medikamenten und Nahrungsmitteln den Tod von 500 000 Kindern im Irak zu verantworten, antwortete die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright – ich zitiere -:

Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung, aber der Preis – wir glauben, es ist den Preis wert.

Wer über 500 000 Kinderleichen geht, um eine unliebsame Regierung zu stürzen, ist ein Verbrecher. Unsere Aufgabe als Demokraten ist es, nicht zuzusehen, wenn diese Verbrecher das nächste große Verbrechen in der Region begehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb ist jetzt Handeln angesagt, bevor es zu spät ist. Sagen Sie klar und deutlich Nein zum Krieg gegen den Iran. Sagen Sie klar und deutlich Nein zu den Überflugrechten der USA über Deutschland und Europa. Und sagen Sie auch klar und deutlich Nein zur Nutzung der US-Stützpunkte in Deutschland für die Kriegsvorbereitungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst dann ist die Bundesregierung glaubwürdig, wenn sie behauptet, dass sie gegen die Eskalation und gegen einen neuen Krieg in der Region ist.

(Beifall bei der LINKEN)

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