Wirtschaftssanktionen treffen meist die Falschen

Im Rahmen der Deutschlandfunk-Diskussion „Nachsicht oder Härte: Zum Umgang mit Russland und Belarus“ habe ich mit Roderich Kiesewetter (CDU) und Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen) über die Folgen aus der erzwungenen Zwischenlandung der Ryanair-Passagiermaschine und der Verhaftung des Oppositionellen Roman Protasewitsch in Belarus sowie die Frage nach Wirtschaftssanktionen und das Verhältnis des Westens zu Russland diskutiert.
Für mich ist klar: Die erzwungene Zwischenlandung des Flugzeugs in Belarus ist ein Verstoß gegen das internationale Luftfahrtrecht, nämlich gegen das Chicagoer Abkommen von 1944, und als solcher zweifellos zu verurteilen. Ebenso zu verurteilen ist der Entführungsversuch des Whistleblowers Edward Snowden durch die USA im Jahr 2013, als diese ihn fälschlicherweise in dem Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales vermuteten und dessen Maschine zur Landung in Wien zwangen. Dass letzterer Fall von den Mitdiskutanten jedoch rundheraus als legitim verteidigt wurde, ist ein beispielloser Fall von Doppelmoral! Völkerrecht ist Völkerrecht und eine Verletzung desselben muss als solche verurteilt werden – egal von welcher Seite sie kommt.
Ich halte es für problematisch, dass die EU auf ihrem Sondergipfel vergangene Woche unmittelbar neue Wirtschaftssanktionen sowie ein Flugverbot für belarussische Flugzeuge im EU-Luftraum beschlossen hat. In der Diskussion habe ich deutlich gemacht: Wirtschaftssanktionen treffen in der Regel die Falschen. Während sich die herrschende Elite Sanktionen in der Regel entziehen können, muss die einfache Bevölkerung darunter leiden. Immer wieder zu behaupten eine Verelendung der Bevölkerung über Wirtschaftssanktionen trage zur Stärkung der Zivilgesellschaft bei, halte ich für grotesk. Die geplanten Sanktionen gegen die Belarussische Düngemittelindustrie zielen nicht nur auf 20.000 Arbeitsplätze in Belarus, sondern würden auch dem deutschen Düngemittelriesen K + S, dessen größten Anteil ein russischer Oligarch hält, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Statt weiterer Sanktionen, die die Fronten verhärten, brauchen wir ein mehr an Diplomatie und eine Annäherung zwischen Ost und West.
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