»Weg zu Rot-Rot-Grün soll geebnet werden«
Am vergangenen Montag äußerte sich die Linke-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht zum Anschlag in Ansbach. Seitdem steht die Politikerin in der Kritik: mit ihren Aussagen fische sie im rechten Lager. Die Angriffen weisen Sie zurück, sprechen gar von einer Kampagne. Warum?
Es war bemerkenswert, wer sich nach der Mitteilung zu Wort meldete. Das reichte vom CDU-Vorsitzenden aus NRW, Armin Laschet, bis hin zu Claudia Roth von den Grünen, auch Hubertus Heil, SPD-Abgeordneter, äußerte sich. Dass ausgerechnet diese bunte Truppe Sahra Wagenknecht diffamiert, ist an Heuchelei nicht zu überbieten. Diese Politiker stimmten für Kriege, Rüstungsexporte und die Hartz-IV-Gesetze – und verteidigen diesen Kurs noch immer. Viele Zeitungen ließen nur diese Leute zu Wort kommen. Dazu kamen dann Angriffe aus den eigenen Reihen.
Sie meinen etwa den Linken-Bundestagsabgeordneten Jan van Aken, der den Rücktritt der Vorsitzenden forderte. Wird da ein bestimmtes Ziel verfolgt?
Vertreter von SPD und Grünen betonen immer wieder, dass eine rot-rot-grüne Regierung auf Bundesebene für sie nicht in Frage kommt, solange Sahra Wagenknecht Fraktionsvorsitzende der Linken ist. Daher rührt die gemeinsame Kraftanstrengung, sie zu demontieren. Auch aus den eigenen Reihen heraus wird versucht, den Weg für Rot-Rot-Grün zu ebnen.
Stein des Anstoßes ist dieser Satz der Politikerin: »Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ›Wir schaffen das‹ uns im letzten Herbst einreden wollte.« Die Kritik an der Passage lautet, mit ihr würden Geflüchtete in einen Zusammenhang mit Terroranschlägen gesetzt.
Von fehlenden Wohnungen steht in besagter Stellungnahme aber nichts. Statt dessen fordert die Fraktionsvorsitzende, die Regierung müsse wieder mehr Vertrauen in die Sicherheitsbehörden der BRD schaffen.
Sahra Wagenknecht weist auf die Unzulänglichkeiten der Integrationspolitik von Bundeskanzlerin Merkel hin. Den Neun-Punkte-Plan der Bundeskanzlerin hat sie scharf kritisiert.
Sie haben eingangs vermutet, hinter den Angriffen gegen Sahra Wagenknecht stünde der Wunsch, einer Regierungsbeteiligung der Linkspartei die Bahn zu bereiten. Tut Wagenknecht das nicht von sich aus auch? Im Sommerinterview mit dem ZDF erklärte sie kürzlich, der Eintritt in eine Koalition käme in Frage, wenn sich eine sozialere Politik durchsetzen ließe.
Sie formuliert deutlicher als ihr Vorgänger unsere Bedingungen für Regierungsbeteiligungen: Nein zum Sozialabbau, Nein zu Bundeswehreinsätzen, Nein zu den Interventionskriegen der NATO. Und das ist gut so.
Sie sagte auch, die Bundesrepublik werde nicht an dem Tag, da Die Linke ins Kabinett eintritt, die NATO verlassen. Das sind doch ungewohnte Töne, oder?
Im Gegenteil. Sahra formuliert konkret unsere roten Haltelinien. Was die NATO angeht, ist ihre scharfe Kritik vernehmbar. Sie hat mit dazu beigetragen, dass Die Linke in ihrem Grundsatzprogramm den Austritt aus den militärischen Strukturen der NATO als Forderung aufgenommen hat. Die NATO-Kriege sind mit der Linken nicht zu machen. Sahra Wagenknecht gehört zu denjenigen in der Linkspartei, die vor dem Stützpunkt in Ramstein gegen die Drohnenmorde und die NATO-Interventionspolitik protestierten. Das blieb nicht ohne Widerspruch. Die Diffamierungskampagne gegen sie zielt auch darauf ab, unsere außenpolitischen Positionen aufzuweichen. Das muss aufhören. Das fordern mittlerweile mehr als 4.000 Unterzeichner, die innerhalb von nur 24 Stunden den Appell »Wir für Sahra« unterzeichnet haben. Viele davon kommen aus den verschiedensten parteipolitischen Gliederungen.
Interview: Johannes Supe
Quelle: junge Welt